Interview des Monats

Wie stärke und entwickele ich meine Mitarbeitenden bzw. AZUBIS als Coach in Zeiten des Fachkräftemangels bzw. Generationenwechsels?

Interviewpartner von Simone Heuwinkel im April: Dirk Raguse, langjährige Fach- und Führungskraft, ausgebildeter Trainer, Coach sowie sogenannter Motivberater im Einsatz. Er coacht, schult und berät sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen sowie kommunale/öffentliche  Einrichtungen und Träger.

S. Heuwinkel: Herr Raguse, Sie sind bereits seit mehr als 15 Jahren als selbstständiger Trainer, Coach und Persönlichkeitsentwickler aktiv: Wie erleben Sie die aktuellen Herausforderungen, welche sich Unternehmen in punkto Ausbildung und Personalentwicklung stellen müssen und wie haben sich diese in den letzten 15 Jahren Ihres Wirkens verändert?

D. Raguse: Die Anforderungen an Führungskräfte sowie Personalentwickler/-innen und Ausbilder/-innen sind in Zeiten eines steigenden Fachkräftemangels, des fortschreitenden Generationenwechsels sowie zunehmender Digitalisierung zuletzt enorm gestiegen. Es gilt nicht nur, Mitarbeitende bzw. Auszubildende stellengerecht einzusetzen, zu qualifizieren bzw. einzuarbeiten, sondern diese auch wertschätzend und persönlichkeitsgerecht zu fördern und zu fordern. Dies wird bei den nachwachsenden Generationen meiner Einschätzung nach weiter an Bedeutung gewinnen.

S. Heuwinkel:
An welchen Stellschrauben in punkto Personal- bzw. Persönlichkeitsentwicklung gilt es Ihrer Ansicht nach zu drehen, um diesen Trends gerecht zu werden?

D. Raguse:
Ein wichtiger Stellhebel ist es, sich selbst seiner Rolle als Coach bewusst zu werden und diese im beruflichen Alltag gezielt auszuüben. Diese Funktion als Coach kann sowohl die Führungskraft selbst, der Ausbilder/die Ausbilderin bzw. der/die Personalentwickler/-in im Unternehmen übernehmen. Wichtig ist, dass es ein Vertrauensverhältnis mit den Mitarbeitenden bzw. den AZUBIS und dem Coach gibt. Es muss erkennbar sein, dass die jeweilige Person gerade als Coach zum Mitarbeitenden bzw.  AZUBI spricht.

Mit dem Begriff Coaching meine ich übrigens nicht die fachliche Einweisung und Begleitung der Arbeitskräfte. Vielmehr meine ich mit Coaching – im Sinne des Prinzips „Hilfe zur Selbsthilfe“ – die professionelle Begleitung und Unterstützung der Mitarbeitenden bzw. AZUBIS in deren Persönlichkeitsentwicklung. Es geht z.B. um deren Konfliktkompetenz und Resilienz, aber auch deren Verantwortungs- und Verbundenheitsgefühl im Hinblick auf das eigene Unternehmen und dies am Beispiel von ganz konkreten Anliegen und Fragestellungen im betrieblichen Alltag.

S. Heuwinkel: Das klingt spannend. Können Sie die genauen Themenfelder benennen, zu denen eine Führungskraft, ein/e Ausbilder/-in bzw. ein/e Personalentwickler/-in als Coach Fachkräfte unterstützen kann?

D. Raguse: Es gibt tatsächliche mehrere potenzielle Themenbereiche, die ich im Coaching fokussieren kann und die unmittelbare Auswirkungen auf den Mitarbeitenden bzw. den AZUBI selbst und damit folgerichtig auch auf das Team und schlussendlich auch das Unternehmen haben. Entsprechend meiner langjährigen Berufserfahrung als Fach- und Führungskraft sowie ausgebildeter Coach und Persönlichkeitsentwickler und meiner Beobachtungen in den Unternehmen habe ich die nachfolgenden 7 Themenfelder ausgemacht, die man hierfür in den Blick nehmen kann:

1) Konfliktmanagement & Kommunikation
2) Loslassen & Vertrauen
3) Motivation & Sinnempfinden
4) Problembewusstsein & Lösungsorientierung
5) Resilienz & Stressbewältigung
6) Selbstwahrnehmung & Optimismus
7) Verbundenheit & Verantwortungsgefühl

S. Heuwinkel: Gesetzt den Fall, ich bin Führungskraft bzw. Ausbilder/-in in meinem Unternehmen oder ich konzipiere, unterstütze und begleite Coaching-Maßnahmen in der Personalentwicklung: Welche Schritte sind zu tun, um als Coach ins Tun zu kommen?

D. Raguse: Wie bereits erwähnt, sind zu Beginn folgende grundlegende Fragen zu beantworten:

– Möchte ich überhaupt als Coach tätig sein?
– Gibt es zwischen mir und dem Mitarbeitenden bzw. AZUBI ein Vertrauensverhältnis?

Kann ich diese beiden Fragen mit einem „Ja“ beantworten, sollte darüber hinaus die Bereitschaft seitens des sogenannten Coachees, also der Person, die ich unterstütze, für ein solches Coaching vorhanden sein, d.h. das Prinzip der Freiwilligkeit gelten. Im Anschluss gilt es weitere Fragen für sich selbst als Führungskraft, Ausbilder/-in bzw. Personalentwickler/-in aufrichtig zu beantworten, die da wären:

– Was ist mein Verständnis von Persönlichkeitscoaching/-entwicklung?
– Wie definiere/interpretiere ich meine Rolle und Verantwortung als Coach?
– Welche Haltung im Sinne von innerer Einstellung und damit verbundener Werte liegt meinem Wirken als Coach zugrunde?
– Welche Rahmenbedingungen (Zeit, Ressourcen, Rollenklarheit als Coach, Unternehmensstrukturen/-prozesse/-kultur etc.) sind für das Coaching gegeben und welche Grenzen sind zu berücksichtigen?

Haben Sie diese Fragen für sich ausreichend klären können, gilt es im nächsten Schritt, sich mit dem „Rüstzeug“ in punkto Coaching vertraut zu machen, was insbesondere den Coachingprozess selbst, die Gesprächsführung innerhalb eines Coachinggesprächs sowie hilfreiche Coaching-Methoden, -Instrumente sowie -Interventionen angeht. ‚

S. Heuwinkel: Kann ich gewisse Coaching-Methoden und -Tools nicht nur für das Coaching von Mitarbeitenden und AZUBIS, sondern auch für meine eigene Persönlichkeitsentwicklung als Führungskraft, Ausbilder/-in bzw. Personalentwickler/-in einsetzen?

D. Raguse: Ja, das Schöne ist, das viele Coaching-Instrumente auch als Reflexions- und Förderhilfe für die eigene Entwicklung als Führungskraft bzw. Ausbilder/-in bzw. Personalentwickler/-in dienen können, wie z.B. der sogenannte „Gefühlskompass“, welcher mir selbst dabei hilft, mögliche emotionale Hemmnisse bzw. Blockaden, wie ich diese z.B. vor wichtigen Präsentationen bzw. Meetings haben kann, zu identifizieren und zu lösen.

S. Heuwinkel: Herr Raguse, ich bedanke mich für dieses aufschlussreiche Interview und die spannenden Einblicke.

Übrigens: Wer von Ihnen daran interessiert ist, die Rolle als Coach im eigenen Unternehmen auszuüben und sich hierfür ´“fit zu machen“, egal ob als Führungskraft, Ausbilder/-in bzw. Personalentwickler/-in: Die IHK-Akademie Ostwestfalen bietet zusammen mit unserem Interviewpartner, dem ausgebildeten Coach und Persönlichkeitsentwickler Dirk Raguse, am 14. September 2023 (09-16:30 Uhr) in Bielefeld eine 1-tägige Fortbildung zum Thema: „Wirksame Coaching-Instrumente/-Methoden für die Eigen- und Personalentwicklung im betrieblichen Alltag“ an.

Nähere Informationen inklusive Anmeldemöglichkeit finden Sie unter den nachfolgenden Link:https://www.ihk-akademie.de/kurs/3235/wirksame-coaching-instrumente-methoden-fuer-die-eigen-und-personalentwicklung-im-betrieblichen-alltag/

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